Fristlose Kündigung gerechtfertigt?
Veröffentlicht von Michael Kuhn · 15 März 2021
Das Arbeitsgericht
Mönchengladbach (Urteil vom 1. Juli 2020; 6 Ca 632/20) und in der Folge das
Berufungsgericht das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 14. Januar
2021; 5 Sa 483/20) hatten sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die
Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel und einer Handtuchrolle aus den
Waschräumen des Arbeitgebers eine fristlose Kündigung rechtfertige.
Dem ging folgender Sachverhalt
voraus:
Der Kläger war bei einem
Paketzustellunternehmen bereits seit 16 Jahren beschäftigt. Hierbei war er bei
der Firma als Be- und Entlader sowie Reiniger für die Fahrzeuge zuständig. Im
Rahmen einer stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle am 23. März 2020 fand der
Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit
einem Liter Desinfektionsmittel sowie eine Handtuchrolle. Der Wert des
Desinfektionsmittels betrug etwa 40 Euro. Der Arbeitgeber kündigte seinem
Mitarbeiter daraufhin fristlos.
Gegen diese Kündigung setzte
sich der Kläger vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach mit einer
Kündigungsschutzklage, die immer spätestens innerhalb drei Wochen nach Erhalt
beim zuständigen Arbeitsgericht eingehen muss, zur Wehr. Der Kläger
rechtfertigte sich damit, er hätte das Mittel für sich und eventuell seine
Kollegen verwenden wollen, zumal dieses oftmals in den Waschräumen nicht mehr
verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt aus der Firma habe er, so seine weitere
Behauptung, an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er hätte es
überdies gar nicht nötig, Desinfektionsmittel zu stehlen, weil auch seine Frau,
die in der Pflege arbeite, über ausreichendes Desinfektionsmittel verfüge. Der
Arbeitgeber hatte seine Mitarbeiter mit Aushängen im Sanitärbereich darauf
hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose
Kündigung und Anzeige zur Folge habe.
Die 5. Kammer des
Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichtes
Mönchengladbach, welches die Kündigungsschutzklage abgewiesen und die
Einlassung des Klägers als nicht glaubhaft eingestuft hatte. Das
Landesarbeitsgericht ging davon aus, dass sich der Kläger das
Desinfektionsmittel angeeignet habe, um dieses ausschließlich für sich selbst
zu verbrauchen. Die weitere Einlassung des Klägers, er hätte sich während der
Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren
und abzutrocknen, konnte schon deshalb nicht nachvollzogen werden, da der Werkschutz
bei der Kontrolle in seinem Kofferraum eine nicht angebrochene Plastikflasche
Desinfektionsmittel vorgefunden hatte. Selbst unter Berücksichtigung der
langjährigen Beschäftigungsdauer von 16 Jahren machte nach Auffassung der
Gerichte die Kündigung eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich. Die
Gerichte stellten hier fest, dass der Kläger in einer Zeit der Pandemie, als
Desinfektionsmittel noch Mangelware war und auch sein Arbeitgeber mit
entsprechenden Versorgungsengpässen zu kämpfen gehabt hatte, eine nicht geringe
Menge an Desinfektionsmittel gestohlen habe. Hierbei war es ihm offensichtlich
egal, dass dadurch seine Kollegen leer ausgingen. Im Rahmen einer
Interessenabwägung kamen beide Instanzen dazu, die Entscheidung zulasten des
Klägers zu fällen und die fristlose Kündigung des Arbeitgebers zu bestätigen.
In diesem Verfahren waren unter
anderem widersprüchliche und nicht deckungsgleiche Aussagen dafür
verantwortlich, dass der Klage nicht stattgegeben werden konnte. Im Falle einer
fristlosen, aber auch fristgerechten Kündigung kann daher nur stets der Rat
lauten, keine eigenen unüberlegten Angaben gegenüber dem Arbeitgeber zu machen
und umgehend einen auf den Bereich des Arbeitsrechtes versierten und
spezialisierten Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin aufzusuchen.
Michael Kuhn
Rechtsanwalt mit den
Schwerpunkten Arbeits-, Verkehrs- und Strafrecht in der Bürogemeinschaft
Rechtsanwälte BÜNTE & KUHN
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