Mieterrechte bei Nebenkosten werden vom BGH gestärkt
Veröffentlicht von Michael Kuhn · 1 März 2018
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat die Rechte von Mietern bei Nebenkostenabrechnungen in zwei aktuellen Entscheidungen gestärkt. Der BGH entschied, dass Mieter, wenn sie deutlich überhöhte Abrechnungen seitens der Energieversorger erhalten, diese nicht bezahlen müssen. Soweit die ernsthafte Möglichkeit „eines offensichtlichen Fehlers“ des Versorgungsunternehmens besteht, könne eine Zahlung verweigert werden. Dies beziehe sich allerdings nicht auf Nachforderungen, die im üblichen Rahmen von einigen Hundert Euro ausfallen würden.
Konkret hatte ein Seniorenehepaar von dem Oldenburger Stromanbieter EWE Stromnachzahlungsforderungen von über 9.000 Euro erhalten. Dieser Verbrauch hätte eine über 1000-prozentige Steigerung zum Vorjahr dargestellt. Der Bundesgerichtshof wies die Klage des Stromanbieters zurück, mit der Begründung, dass der Lebenszuschnitt des Rentnerehepaares dagegen spreche, einen solchen Stromverbrauch verursacht zu haben. Angeblich hätte das Ehepaar fast 32.000 kw/h verbraucht. Demgegenüber argumentierte das Stromunternehmen zwar, dass der Zähler gutachterlich überprüft worden sei, drangen hiermit allerdings in der Vorinstanz beim Oberlandesgericht, wie auch beim BGH, nicht durch. Der Stromanbieter hätte letztendlich beweisen müssen, dass die Senioren tatsächlich die von ihm berechneten fast 32.000 kw/h verbraucht hätten, was nicht gelang.
In einem weiteren Fall, der gleichermaßen beim BGH entschieden worden ist, ging es um eine Wohnung in Südhessen, in welcher die Mieter einer 3-Zimmer-Wohnung mehr als 5.000 Euro an Heizkosten für zwei Jahre nachzahlen sollten. Dieser Nachzahlungsbetrag entsprach knapp der Hälfte der im ganzen Haus verbrauchten Heizenergie, obwohl der Anteil an der Gesamtwohnfläche nur bei ca. 12 Prozent lag.
In der Vorinstanz gab das Landgericht Darmstadt dem klagenden Vermieter zunächst Recht, wonach die Entscheidung vom BGH mit massiver Kritik an den hessischen Richtern aufgehoben wurde. Die Vorsitzende des VIII. Zivilsenates, Richterin am BGH, Karin Milger, sagte, das Urteil habe sie „sprachlos“ gemacht.
Die vorgenannten aktuellen Entscheidungen des BGH, die am 07.02.2018 ergangen sind, werden kurzfristig auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes nachzuvollziehen sein, die Entscheidungen werden dort unter den Aktenzeichen VIII ZR 148/17 und VIII ZR 189/17 geführt. Derzeit hat der BGH lediglich die Mitteilungen der Pressestelle auf seiner Internetpräsens veröffentlicht. (http://www.bundesgerichtshof.de)
Demzufolge kann der Rat auch hier nur lauten, Abrechnungen, die vom Energieversorger oder von Dritten erstellt werden, nicht ohne Weiteres ungeprüft anzuerkennen und zu zahlen, sondern diese zunächst einmal einer umfassenden juristischen Prüfung zu unterziehen und erst dann die berechtigten Forderungen zu begleichen.
Verfasst von Michael Kuhn
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